Die Passionsspiele von 2019

Mit dem Jakobsweg als Ausgangspunkt haben wir im Frühjahr 2019 wieder viele Menschen begeistern können. Er lieferte Leitbild und Atmosphäre. „Loslassen“ war das Thema ein “Buen Camino” der besonderen Art.

Zwei Schwerpunkte hatte das Organisationsteam für 2019 festgelegt: einerseits das Spannungsverhältnis der Weltreligionen und der damit verbundene Stellenwert der Frau und andererseits das Loslassen, die Bereitschaft, unsere Lebensweise in Frage zu stellen. 

Zwei Kernthemen Jesu, die heute aktueller sind denn je, wovon das aktuelle Aufbegehren verschiedener gesellschaftlicher Kreise zeugt.

Aus diesen Kernthemen machen wir EINE Geschichte von 27 Szenen. Teils spielen sie an wichtigen biblischen Orten zur Zeit Jesu, teils in einer Pilgergruppe auf dem Jakobsweg heute. Manchmal verschwimmen die Bilder, hie und da laufen die Szenen ineinander über. 

Für den Jakobsweg hat uns der Film “Dein Weg” von Emilio Estevez aus dem Jahre 2010 wichtige Motive geliefert, die klassische Ebene, das Leben Jesu, ist wohl allen bekannt und vertraut. 

EINE Geschichte? Und der rote Faden dieser Geschichte? LOSLASSEN, bereit sein, sein Leben in Frage zu stellen, neu zu gewichten, neu auszurichten.

Logischerweise verwenden wir dafür nur Bibelszenen, deren Botschaft dem Motto „Loslassen“ entspricht. Dass wir dabei den engen Rahmen des traditionellen Leidensweges von Palmsonntag bis Karfreitag sprengen, ergibt sich also von selbst.

Die bewusste Verzahnung von biblischen Szenen mit heutigen Lebensbildern zeichnet die Schönberger Passionsspiele unter den rund achtzig europäischen Passions-Inszenierungen aus und ist für Spieler wie Zuschauer eine Herausforderung.

Die Proben zu Szenen aus dem Jakobsweg und dem Leben Jesu führen unweigerlich zum Nachdenken und zu Gesprächen über Lebenssinn und existenzielle Fragen und damit auch ständig zu Veränderungen, Anpassungen, Erweiterungen oder Kürzungen am ursprünglichen Text bis wenige Wochen vor der Premiere.

Die Beschäftigung mit dem “Phänomen Jesus” in Interaktion mit seinem damaligen Umfeld ist in unseren Augen heute noch von sehr großer Aktualität und Durchschlagskraft und kann für jeden Suchenden eine Quelle der Erfahrung und Inspiration sein. 
Unser Spiel versteht sich also als Angebot für Spieler und Zuschauer, die Botschaft Jesu im heutigen Kontext auf den Prüfstein zu stellen – und das kann streckenweise durchaus unterhaltsam sein.  

Unser Bestreben ist nicht, eine fertige Botschaft zu verbreiten oder eine seit Jahrtausenden bekannte Geschichte zum x-ten Male zu wiederholen. Wir wollen vor allem Fragen und Denkanstöße liefern. Wir wünschen uns, dass die Zuschauer die Antworten für sich selbst entwickeln, sei es im Austausch mit den Mitwirkenden hier im Foyer, zu Hause am Mittagstisch oder im Freundeskreis. 

Bei den Schönberger Spielen wird mehr gezeigt als die Leidensgeschichte Jesu. 
Das Konzept des bewussten Ineinandergreifens mehrerer Spielebenen ist einzigartig unter Europas zahlreichen Passionsspielen von Rumänien bis Spanien oder von Polen bis Italien und es ist inzwischen Schönberger Tradition. 
Szenen aus dem Leben Jesu in biblischen Kostümen gehen nahtlos in Bilder aus unserem Leben über oder verschmelzen sogar. 
Das Damals ist heute und das Heute wird zum Damals  
 
In diesem Jahr dient der Jakobsweg als Ausgangspunkt. Er liefert Leitbild und Atmosphäre, es ist ein „Camino” der besonderen Art. Hier wird die Geschichte von Jakob erzählt, eindrucksvoll und glaubwürdig verkörpert von Reinhold Collas aus Halenfeld. 
Jakob ist ein erfolgreicher Aachener Augenarzt. Sein erwachsener Sohn David (Mike Brüls aus Büllingen) hat seine Doktorarbeit abgebrochen und ist nach Frankreich gereist, um den Jakobsweg zu gehen und – im Gegensatz zu seinem Vater – mehr von der Welt zu sehen. 
 

Beim Golfspiel mit Freunden ereilt Jakob die Nachricht, dass David bereits am ersten Tag seines Weges in den Pyrenäen während schlechten Wetters ums Leben gekommen ist. Jakob reist nach Saint-Jean-Pied-de-Port um Davids Leiche abzuholen und nach Hause zu bringen. Nach einigen Gesprächen beschließt er jedoch, sich auf den alten, rund 800 Kilometer langen Pfad Richtung Santiago de Compostela zu begeben. Auf dem Weg dorthin will er die Asche Davids am Wegesrand verstreuen. Diese Figur lehnt sich an Motive aus dem Film “Dein Weg” von Emilio Estevez an (2010)

Zunächst allein, trifft Jakob unterwegs weitere Pilger, die alle auf der Suche nach mehr Sinn in ihrem Leben sind. Mit Dreien von ihnen findet er sich zunächst widerstrebend zu einer Gemeinschaft zusammen.
 

Peter (Richard Hoffmann aus Rodt) ist ein übergewichtiger Belgier, der den Camino zum Abnehmen gehen will. Er ist ein freundlicher, extrovertierter Mensch, der jedoch für Jakobs Geschmack zu viel redet. 

Als nächstes trifft Jakob eines Abends auf Alisha (Anja Backes aus St.Vith), die vor ihrem gewalttätigen Ehemann flieht, sich von ihm getrennt hat und den Camino nutzt, um mit sich selbst ins Reine zu kommen.  
 
Zu dritt treffen sie auf eine weitere Wanderin, Karoline (Teresa Krämer aus Wallerode), die eher lustlos den Weg der Oma zuliebe geht, eine Umkehr erlebt und den tieferen Sinn des „Camino“ erkennt. Auf dem Weg begegnen ihnen immer wieder weitere Pilger.
 
Auf seinem ganzen Weg hat Jakob immer wieder kurze Visionen von David, der ihm am Wegesrand oder unter Menschen erscheint und meist kurz zulächelt.
Diese Geschichte wird immer wieder vertieft durch die bekannten Szenen der Jesus-Ebene. 
Diesmal gehen die beiden Regisseure sogar so weit, dass sie beide Ebenen nicht nur nahtlos ineinander übergehen lassen sondern sogar wirklich ineinanderfließen lassen, was den Zuschauer auf den ersten Blick vielleicht verfremden mag, ihm aber letztlich die Aktualität und Verbundenheit mit seinem eigenen Leben und dem Heute tief spüren lässt.

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