Premiere am 22.03.2025

Das Motto geht auf den im Dezember 2023 im Alter von 73 Jahren verstorbenen Textbuchautor, Kaplan Karl-Heinz Calles aus Eupen, zurück, der im Text deutliche Spuren hinterlassen hat. „Das Motto bildet nicht nur den thematischen roten Faden der Aufführung, sondern spiegelt auch die Impulse wider, die wir in die diesjährigen Passionsspiele einbringen“, erklärt Regisseur Jörg Lentzen, Nachfolger von Alfons Velz und Robert Schmetz, die in diesem Jahr in der Technik und auf der Bühne aktiv sind, im Namen der „Konstrukteure“, der Textbuchautoren, die seit 2020 das Textbuch entwickelt haben. Hier Fotos der Premiere von Lothar Klinges

Hier der Text von Lothar Klinges zu unserer Premiere
Die Passionsspiele auf der zeitgenössischen Ebene starten im Katastrophenmodus.
Die Texte der modernen Ebene werden immer wieder neu verfasst, so auch in diesem Jahr. Die Erde ist von Finsternis umgeben. Die Überlebenden begeben sich auf den Weg der Selbsterkenntnis, stellen neue Regeln des Zusammenlebens auf und lassen sich dabei vom Leben und der universellen Botschaft Jesu inspirieren.
Erstmals steht die Verkündigungsszene von Jesu Geburt am Anfang. Und am Ende der Passionsspiele – einfach genial – steht wieder die Ankündigung einer Geburt an, als Zeichen der Hoffnung für eine neue Welt. Nach dem Hahnenschrei und dem Ruf des Petrus „Ich habe ihn verraten“ und den immer lauter werdenden Rufen aus dem Saal „Habe auch ich ihn verleugnet?“ starten die Passionsspiele auf der zeitgenössischen Ebene düster im Katastrophenmodus. Unheil ist über die Welt hereingebrochen. „Wie konnte es nur so weit kommen?“, fragen sich die Menschen. Viele sind tot und die, die übrig sind, streiten, weinen und wissen nicht, wie es weitergehen kann. Was tun? Umdenken, umkehren oder beim Alten bleiben? Hier bekommen die Worte Jesu als Inspiration ein besonderes Gewicht. Verstärkt wird die Düsternis einerseits durch eine große Video-Installation, auf der apokalyptische Szenen ablaufen, andererseits durch die dramatische Komposition des bekannten ostbelgischen Musikers Christian Klinkenberg, der für die Passionsspiele eine ergreifende Musik geschrieben hat, die berührt, aufrüttelt und die Szenen verbindet.
Der Rufer in der Wüste, Johannes der Täufer, ruft nicht nur zur Umkehr, sondern zum „Umdenken“ auf. Die erschütternde Szene des Versuchers in der Wüste, hervorragend dargestellt und bei gedankenvoller Hintergrundmusik, und die innere Auseinandersetzung Jesu mit dem Satan führen in die Hinterfragung unseres Lebensstils und in die „innere Wandlung“, alte Wege zu verlassen und das „Umdenken“ zu erlernen. Immer wieder steht der Versucher auf der Bühne, der die Menschen, besonders die Schwachen, beeinflussen und fangen will.
Die Berufung der Jünger führt uns zu dem Traum Jesu, nachdem die neue Welt durch „gewaltige Kraft der Liebe“ in den Herzen der Menschen beginnt. Fabelhaft die Szene der Seligpreisungen mit dem jeweiligen Bezug zum heutigen Leben. „Eine neue Welt ist angebrochen. Von nun an gilt Güte statt Gewalt“, ruft Jesus, gefolgt von der Szene der Samariterin am Brunnen, die eine tiefe Annahme durch Jesus erlebt, und der Begegnung Jesu bei Martha und Maria mit der Parallele, aus dem Hamsterrad auszusteigen, inne zu halten, auf die innere Stimme zu hören und sich verwandeln zu lassen in der Auseinandersetzung mit den Regeln, die das Fühlen und Denken nicht bestimmen sollen. Die Begegnung Jesu mit der kananäischen Frau gipfelt in der Aussage Jesu, dass er für alle Menschen gekommen ist. Herrlich das Gespräch zwischen den Kindern der biblischen und der aktuellen Ebene, die davon berichten, was sie von Jesus wissen und wie er alles neu macht und Frieden gibt.
Der Einzug Jesu in Jerusalem führt zu einer wegweisenden Szene auf der aktuellen Ebene, neue Wege zu gehen und mit Jesu Botschaft eine neue Welt aufzubauen, auch wenn man noch nicht sieht, wohin es führt. „Wir tun es einfach!“ Die mutige Tempelreinigung, und das Gespräch mit Nikodemus zeigen, dass es wichtig ist, von innen heraus zu leben. Insbesondere die Kinder zeigen den Erwachsenen, wie Frieden möglich ist, gemeinsam am Aufbau der neuen Welt mitzuwirken, indem sie einander zuhören und jeder Mensch mit seinen Fähigkeiten wertvoll ist.
 
Erschütternde Verhaftungsszene und die Verzweiflung des Judas
Die Verzweiflung des Judas, der Jesus so gerne vor dem Urteil des Hohen Rates bewahren will, die Abendmahlszene, in der einer der Diener des anderen ist mit dem Vaterunser in Aramäisch, das Gespräch Jesu mit Maria Magdalena über seine Vision führen schließlich in die erschütternde Verhaftungsszene und in die Verzweiflung des Judas, der nicht versteht, dass Befreiung dort geschieht, wo Menschen im Herzen lieben.
Die Geißelung wird in einem Schattenspiel dargestellt, überblendet mit akutellen Fotos von Frauen, denen die Angst im Gesicht steht, denn die Gewalt ist heute nicht weniger geworden. Eine Szene, wie sie möglicherweise passiert ist, ist der Streit der Frau des Nikodemus mit ihrem Mann und dessen Schuldgefühle, Jesus auch verraten zu haben. Danach tritt der Versucher wieder auf die Bühne, der ärgerlich aufschreit, weil er keine Macht über Jesus hat.
 
Die Bedeutung der Auferstehung für die Menschen heute
Nach der dramatischen Szene mit Jesus am Kreuz folgt eine beeindruckende Emmaus-Geschichte mit der Bedeutung der Auferstehung für die Menschen heute, dass Jesu Worte weiter in den Menschen leben, Worte, die etwas bewegt und verändert haben, „denn der Tod kann die Liebe nicht zerstören, und Jesus ist nur Liebe.“ Diese Verwandlungskraft kommt in der letzten Szene zum Tragen, die darin gipfelt, dass sich die Geburt eines Kindes ankündigt als Zeichen der Hoffnung, dass es weitergeht, mit den Kindern gemeinsam eine neue Welt zu bauen. „Und würde morgen die Welt untergehen, pflanzte ich heute noch einen Baum.“ Alle Mitspieler stimmen ein in das Lied „Fürchtet euch nicht!“ von Marianne Haas.
Die beiden Ebenen gehen nicht nur nahtlos ineinander über sondern fließen ineinander, was den Zuschauer auf den ersten Blick vielleicht verfremden mag, ihm aber letztlich die Aktualität und Verbundenheit mit seinem eigenen Leben und dem Heute spüren lässt. Man sah, wie sich die Spieler(innen) von der einen in die andere Ebene begaben, um gerade deutlich zu machen, dass die Botschaft Jesu immer aktuell bleibt. Getragene Klänge und Bilder fügen dem Bühnengeschehen eine weitere Ebene hinzu und vertiefen das Erlebte. Am Ende werden die Zuschauer Zeugen der Hoffnung auf ein neues Leben, das immer wieder geschehen kann, wenn sie sich von der Botschaft Jesus zur Umkehr herausfordern lassen.